ACROSS Magazine

ACROSS ist das einzige internationale und unabhängige Fachmedium für die europäische Shoppingcenter-Industrie. Das Magazin erscheint in 40 Ländern und erreicht 6x im Jahr die Top-Entscheider der europäischen Shoppingcenter- und Retail-Szene. www.across-magazine.com. Die Publikation wird über unsere Tochtergesellschaft die ACROSS Medien- und Verlags GmbH herausgegeben und vertrieben. Der sma Geschäftsführer und ACROSS Herausgeber, Reinhard Winiwarter, nimmt regelmäßig zu aktuellen Branchenthemen Stellung:

03/2013

Markenbildung statt Innovationen ohne Mehrwert

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Manchmal ist es einfach nur zum Schenkelklopfen. Die Shopping-Center-Branche – traditionellerweise an sich ohnehin ein innovationsbereiter Wirtschaftszweig – giert und lechzt stets nach Neuem. Und wenn es dann so weit ist, weiß offensichtlich keiner, damit etwas anzufangen. Seit nunmehr Monaten wundere ich mich über die eifrig verschickten Presseaussendungen großer, mittlerer oder kleinerer Betreibergesellschaften, in denen verkündet wird, dass das Center XY ab sofort tollerweise über eine hauseigene Shopping-Center-App verfügt und somit letztlich endgültig den Sprung ins neue Jahrtausend vollzogen hat. Wenn man aber einen genaueren Blick auf die aktuelle „Krone“ der mobilen Schöpfung wirft, könnte man als Marketingexperte gehörig ins Wanken geraten. Denn außer den Öffnungszeiten und einem mobilen Lageplan befindet sich so gut wie gar keine Information auf den „Wunderdingen“. Gut, manche Betreiber haben es vielleicht schon geschafft, Aktionen oder Sonderangebote ihrer Mieter zu integrieren. Das war es aber dann auch schon.

Ich frage mich: Ist das die Antwort der Shopping-Center-Industrie auf die stetig wachsende Konkurrenz. Seien wir ehrlich. Selbst der kleinteilige Einzelhandel weiß mit modernen Technologien und Apps mittlerweile besser umzugehen als die gesamte Shopping-Center-Branche. Natürlich ist die Erfindung einer „Killer-Applikation“, wie es beispielsweise die SMS beim Handy war, keine einfache Aufgabe. Gefeierte „Innovationen“ sollten aber bitte schon über einen größeren Mehrwert verfügen, als ihn ein mobiles Leitsystem bieten kann. Center-Apps werden – wenn überhaupt - ohnedies nur von Stammkunden heruntergeladen und die kennen ihr Center im Schlaf.

Was die Sache aus meiner Sicht aber noch mehr verschlimmert, ist die Tatsache, dass zahlreiche Center-Manager sehenden Auges in die App-Falle tappen. Die Zeit der first mover ist längst vorbei und eine Sinnlos-App ist genauso cool und notwendig wie ein Furunkel. Ähnlich hilflos geht man in der Branche aktuell mit den viel gehypten Social-Media-Kanälen wie Facebook und Co. um. Auch hier lassen wirklich überzeugende Inhalte auf sich warten. Und wenn der Facebook-Auftritt nur die Homepage eines Centers spiegelt, ist der Schaden auch schon angerichtet.

Überhaupt scheinen sich gewisse Betreibergesellschaften im marketingtechnischen Dornröschenschlaf zu befinden. Kundenbindungsmanagement-Programme sind Mangelware, Center-Events, deren Konzeption an die Veranstaltungen der 1970er erinnern, Programm.  Ausgereifte Online- und Mobil-Strategien? Fehlanzeige!  Was bleibt dann noch? Center-Magazine und Massensendungen im Streuverfahren?

Wie schafft man es, sein Shopping-Center im täglich härter werdenden Wettbewerb zu positionieren und langfristig erfolgreich zu führen? Eines ist sicher: Innovationen ohne Mehrwert helfen dabei kaum. Der klassische Marketingmix ist nice-to-have, natürlich. Meiner Meinung nach ist aber die einzige wirklich erfolgsversprechende Alternative, das Shopping-Center als Marke zu positionieren und es wie eine Marke zu führen. Dass man dafür naturgemäß Spezialisten und Markenprofis braucht, liegt auf der Hand. Dennoch ein kleiner Alltagstipp für alle Centermanager: Seien Sie wachsam und mutig. Schlendern Sie mit offenen Augen durch die europäische Centerlandschaft. Und: Lesen Sie ACROSS. 

02/2013

Bitte keine Stiefkinder mehr!

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Malen Sie sich vor Ihrem geistigen Auge ein etwa 18.000 m2 großes, ganz normales Fachmarktzentrum im Norden Österreichs aus! Im Herbst 2013 soll es seine Pforten öffnen. In der heißen Projektphase dämmert es den Entwicklern, dass sie an der Marketingschraube drehen müssen, um es angesichts der starken Konkurrenz für die Mieter interessant machen. Eine Werbeagentur, die ein entsprechendes Konzept ausarbeiten soll, wir engagiert. Neben zahlreicher anderer Branding-Maßnahmen will diese ein weit sichtbares Logo auf dem Dach des Fachmarktzentrums montieren. Keine ungewöhnliche Aktion, würde man meinen. Falsch gedacht! Denn das Gebäude wäre unter der Last des – nicht sonderlich schweren – Logo-Aufbaus zusammengebrochen, wie die Entwickler zerknirscht eingestehen mussten.

Bei dieser Schilderung handelt es sich um keine urbane Handelslegende. Nein, sie entspricht den Tatsachen. Und sie spiegelt etliche Vorurteile, mit denen Fachmarktzentren konfrontiert sind, wider. Sie seien billig gemacht, häufig windschief und ragten irgendwo – bevorzugt an Kreisverkehren – unmotiviert aus der Landschaft. Projektverantwortliche in ganz Europa müssen sich häufig nachsagen lassen, dass sie möglichst billig bauen, dafür so teuer, wie es irgendwie geht, vermieten und schließlich so rasch wie möglich verkaufen wollen. Nur darum geht es ihnen. Ob die Bausubstanz hält und ob und wie das Fachmarktzentrum in fünf Jahren läuft? Hinter den Entwicklern die Sintflut. Qualität, Nachhaltigkeit, architektonischer Anspruch sowie Einzigartigkeit stehen als Fremdworte in der Geschichte dieses Handelsformats da. Nur das schnelle Geld zählt.

Besonders betrüblich gestaltet sich die Situation in einigen deutschen, historischen Kleinstädten. Der Handel hat sich dort längst großteils aus den pittoresken Stadtkernen verabschiedet, um sich in unansehnlichen Fachmarktzentren in deren Peripherie wiederzufinden. Ganze Landstriche werden auf diese Art verschandelt.

Die gute Nachricht zum Tag: Ein Umdenken hat eingesetzt. Immer mehr interessante, hochwertige Projekte bereichern die Handelslandschaft. Quer durch die Wertschöpfungskette wird auf Qualität geachtet, wobei vor allem die Optik der Gebäude positiv überrascht. Fachmarktzentren sind definitiv nicht mehr die Stiefkinder in den diversen Immobilien-Portfolios. Warum das so ist und wie die Geschichte weiter gehen könnte, erfahren Sie in unserer Coverstory „Hidden Stars“. Ich wünsche Ihnen eine spannende und gewinnbringende Lektüre.

01/2013

Wenn viel zu wenig aufpoppt

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Eigentlich wären Pop-ups ja schon in die Jahre gekommen. Eigentlich! Wie schade nur, dass die meisten Retailer, Handelsunternehmen oder Centermanager diese Form der kurzfristig und provisorisch inszenierten Verkaufsflächen entweder nicht auf ihrem Marketingradar haben oder eben bewusst konsequent ignorieren. Denn im Grunde erwecken Pop-ups genau dort, wo sie entstehen, bei Konsumenten jene Emotionen, die die gesamte Branche im stationären Handel unabdingbar fordert und nicht müde wird, sich an ihre Fahnen zu heften. Pop-Up-Shops überraschen,  sind kurios, machen neugierig, bieten Außergewöhnliches, durchbrechen Gewohnheiten, spiegeln Trends wider, bieten Raum für neue Formen von Shop-Design oder Shop-Konzepten. Pop-Ups unterhalten. Sie bilden eine fast ideale Spielwiese für gelebte Kreativität.

Und noch einen wesentlichen Vorteil haben Pop-up-Stores im Idealfall. Sie inszenieren sich an viel frequentierten, frei zugänglichen Räumen, dort, wo der Handel stattfindet und das Leben pulsiert. Obendrein bieten diese Kurzzeitläden ob „Leerstand“ und „günstiger Mietkonditionen“ eine veritable Win-Win-Situation für Händler und Vermieter. Dabei sind Pop-ups eigentlich nichts anderes als eine zeitgemäße Entsprechung der traditioneller Marktstände, die an bestimmten oder undefinierbaren Orten auftauchen und wieder verschwinden. 

Wie schön, dass man sich in Paris der Pop-up-Stores jetzt in besonderer Weise annimmt. In architektonisch anspruchsvoller Umgebung im Business-District La Défense. „Paris Upstores“ heißt das ehrgeizige Projekt. Auf rund 700 sq m sollen in den Sommermonaten open-air-shops potentielle Käufer in Verzückung versetzen. „Paris Upstores“ wäre laut Definition der „Entwickler“ die erste kontinentaleuropäische Pop-up-Mall und wohl eine französische „Fortsetzung“ des Londoner „BoxPark“.  Das französische Engagement ist überaus begrüßenswert, wie ich finde. Wie schade nur, dass derartige Ideen bislang nur zu ausgewählten Händlern und Mall-Betreibern durchgedrungen sind. Aus marketingtechnischer Sicht und im Kontext einer uniformen Handelslandschaft durchwegs eine verpasste Chance. Aber: Für die Realisierung guter Ideen ist es grundsätzlich nie zu spät. 

06/2012

Welcome to brand land

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Der Einzelhandel hat sich in den letzten 60 Jahren zu einem der dynamischsten Wirtschaftszweige unseres Kulturkreises entwickelt. Einhergehend mit den veränderten Konsumentenbedürfnissen, der Erschließung neuer Absatzmärkte, immer strafferen Produktzyklen sowie dem rasanten technologischen und wissenstheoretischen Fortschritt in den Bereichen Kommunikation und Marketing der letzten Dekaden verkürzten sich auch die Innovationszyklen der gesamten Branche radikal. Kaum je war der Satz „Handel im Wandel“ zutreffender als heute. Dass sich der evolutionäre Charakter des Handels naturgemäß auch in und um seine verschiedenartigen Absatzkanäle manifestiert, ist unbestritten. Die Shopping-Center-Industrie ist beinahe täglich mit den daraus resultierenden Herausforderungen konfrontiert. Eine der aktuell größten ist der Siegeszug des Online-Handels.

Mulitchanneling gewinnt immer mehr an Bedeutung – das gilt für Retailer gleichermaßen wie für Shopping-Center-Betreiber. Centermanager wissen längst, dass sie – je nach Branche – mit einer stetigen Verringerung des Shop-Flächenbedarfs um konfrontiert sein werden. Die Bemühungen, wie und mit welchen Mitteln man den Kunden in seine Shops locken kann, werden sich verschärfen müssen. Der „Erlebnisfaktor“ im stationären Handel wird dabei zusehends wichtiger. Markengestaltung, Markenpositionierung und Markeninszenierung werden künftig über Erfolg oder Misserfolg eines Retailers entscheiden. Die Shopping-Center-Industrie ist dabei angehalten, als Humus für fruchtbares und beständiges Wachstum zu fungieren. Eine der Hauptfunktionen eines Shoppingcenters wird es sein, eine farbenprächtige Markenvielfalt glaubwürdig unter einem Dach zu vereinen – das Center muss zu Brandland werden.

Dass dieser Spagat letztendlich nur gelingen kann, wenn das Shoppingcenter seinerseits als überzeugende Marke wahrgenommen und im Reigen der Absatzkanäle dementsprechend erfolgreich positioniert wird, scheint einzuleuchten. Markentechnisch gut positionierte Center werden künftig erfolgreicher sein als weniger gut positionierte. Eine der wohl besten Gelegenheiten, diesen neuen Herausforderungen gerecht zu werden, liegt in Refurbishment-Projekten. Aktuell werden in Europa bei weitem mehr Center revitalisiert als neue projektiert. Mein dringlicher Appell an alle Betreiber und Investoren: Nutzen Sie einen Refurbishment-Prozess und erfinden Sie sich neu!

05/2012

Warum Cannes nach Russland blickt

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Ein Jahr ist seit der wohl wichtigsten europäischen Messe der Shopping-Center-Industrie, der MAPIC, vergangen. Keine Angst, ich werde Ihnen nicht erzählen, was seither alles passiert ist. Ich werde nicht davon reden, dass die europäische Schuldenkrise in weiten Teilen Europas bereits voll auf die Realwirtschaft durchgeschlagen hat. Und ich werde Ihnen auch nicht zwingend und sinnig erklären, welche Rolle die europäischen Banken dabei spielen und warum die Entwicklung von Handelsimmobilien heute so ungleich schwieriger also vor einiger Zeit ist. Nein, ich möchte hoffnungsvoll in die Zukunft blicken und Ihnen sagen: Nach der MAPIC ist vor der MAPIC.

Ehre, wem Ehre gebührt

Und gerade, weil die Euro-Länder derzeit ihre Energie in das Überleben der gemeinsamen Währung buttern müssen, lohnt sich im schönen Cannes ein Blick nach Russland. Der flächenmäßig größte Staat der Erde fungiert bei der heurigen MAPIC zu Recht als „Land of Honour“. Denn ob seiner Dimensionen, seiner Geschichte sowie seiner kulturellen Einzigartigkeit zählt Russland zweifelsohne zu den spannendsten Handelsdestinationen Europas – und selbstverständlich Asiens.

Entsprechend bezeichnen etwa die Experten von Jones Lang LaSalle in einer aktuellen Studie the forecast for the development of the retail market in Russia as a whole positive. According to their data, growth in retail trade volumes in 2012 will reach 5,5 %, higher than most European countries. Taking account the low saturation of the market and the potential for growth in purchasing power, Jones Lang LaSalle continues Russia to be viewed as crucial for developers.

Der Bär erwacht

Internationale Retailer und Entwickler haben diese Tatsache natürlich längst verinnerlicht. Sie kehren nach Jahren der Zurückhaltung langsam und vorsichtig auf den kolossalen Markt zurück. Kurz und gut: Der russische Bär erwacht unwiderruflich aus dem Winterschlaf. Noch reibt er sich ein bisschen müde die Augen. Doch Wissende haben längst erkannt, in welche Richtung das Pendel ausschlägt. Anything goes, scheint das Motto – zumindest das der Shopping-Center-Industrie – zu lauten.

Etliche Arten von Handelsformaten in verschiedenen Entwicklungsstadien bevölkern den Planeten Russland bereits. Nichtsdestotrotz verfügt das beinahe grenzenlose Land weiterhin über Potential, Energie, Zuversicht, Mut und Kapital, um in punkto Retail transeuropäisch künftig noch intensiver von sich reden zu machen und Wellen zu schlagen. Das wird zwar noch eine Weile dauern, aber gerade im Handel ist es ratsam, Augen und Ohren immer offenzuhalten. 

04/2012

Wer braucht einen Werbebeirat?

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Es sollte das Marketing-Event des Jahres werden. Noch bevor Apple Mitte September in San Francisco seinen neuesten Wurf, das iPhone 5, präsentierte, wartete die internationale Presse bereits seit Tagen und mit wachsender Ungeduld auf den Moment. Spekulationen, wie die neue Generation des iPhones tatsächlich aussieht, was es wiegt und was es kann, machten die Runde. Als es dann soweit war, startete Apple-CEO Tim Cook die bislang immer von Steve Jobs – der Marketinghimmel habe ihn selig – genial inszenierte iPhone-Show. Ab diesem Zeitpunkt war klar: Egal, welche Features und Funktionen dieses Smartphone tatsächlich haben wird, fast jeder will es kaufen. Marketing at its best eben.

Wo der Schuh drückt

Was aber hat das mit Einkaufszentren zu tun? Viel, wie ich meine: Die Shopping-Center-Industrie ist dank fortschreitender Professionalisierung dabei, ihren Kinderschuhen zu entwachsen – in vielen Teildisziplinen zumindest. Dass in manchen Segmenten das Schuhwerk an der einen oder anderen Stelle noch adoleszente Druckstellen hinterlässt, ist augenscheinlich, aber nirgends auffälliger als im Centermanagement im Allgemeinen um im Centermarketing im Besonderen.

Nehmen Sie beispielsweise diese herrlich unnütze – ja oftmals sogar geschäftsschädigende – Institution des Werbebeirats. Da trifft sich das Centermanagement in regelmäßigen Abständen mit einem Großteil der Mieter, um künftige Events, Aktionen, Veranstaltungen oder Marketingmaßnahmen zu besprechen. Gebietsbeauftrage, Filialleiter und Verkäufer – je nachdem, wer gerade verfügbar ist, viel Geld in den Marketingtopf des Centers eingeworfen hat oder eben nur der größte Ankermieter ist – eilen herbei und diskutieren in harmonisch diletanter Eintracht die Marketingstrategie des Einkaufszentrums. Gewiss, ich habe Respekt und sogar ein wenig Verständnis vor der laienhaften Freude, die sich bei derart launigen Meetings entrollt. Aber: sinnvoll sind solche Sitzungen des Werbebeirats aus meiner Überzeugung nicht.

Schaffen Sie ihn ab!

Der Grund liegt für mich auf der Hand. Wir leben in einer Welt voll Spezialisten, die immer mehr von immer weniger wissen. So verhält es sich auch in der – man kann es immer wieder nur wiederholen – Wissensdisziplin „Marketing“. Mein Apell: Überlassen wir Marketing den Experten – auch und vor allem in der Shopping-Center-Branche. Schaffen Sie den Werbebeirat ab! Oder glauben Sie wirklich, dass Steve Jobs die Apple‘sche Marketingstrategie mit seinen Aktionären entwickelt hat?

03/2012

Small is beautiful

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Der Handel und seine Vertriebskanäle haben in den letzten Jahrzehnten einen beachtlichen Wandel und eine hohen Grad der Professionalisierung erfahren. Die Marktplätze der Moderne werden mittlerweile von Industrien verwaltet, die längst  begonnen haben, sich selbst zu inszenieren. Das ist ganz klar ein Ergebnis der fortschreitenden Strukturalisierung und Konsolidierung der gesamten Handelsszene. Die Zeiten, in denen ein „familiengeführtes Handelsunternehmen“ aufgrund eines wachsenden Produkt- und Flächenbedarfs stetig expandierte, sind vorbei. Die Familienunternehmen der Vergangenheit sind bis auf wenige Ausnahmen von multinationalen Großkonzernen geschluckt, gekauft oder abgelöst worden. Mit der Änderung der Eigentümerstruktur ging auch eine radikale Änderung der Firmenkultur einher. Das bringt Vor- und Nachteile.

Vorteile sind naturgemäß in der fortschreitenden Spezifizierung – wir wissen immer mehr von immer weniger – sowie in der Professionalisierung der Dienstleistungen zu finden. Gravierende Nachteile bilden hingegen die zunehmende Uniformität, aufgeblähte Unternehmensstrukturen und die damit einhergehende Entschleunigung von Entscheidungsprozessen. In manchen Fällen können vielleicht noch interne Richtlinien und schmucke Handbücher über mangelnde Entschlusskraft hinwegtäuschen. Spätestens im mittleren Management werden die Schwächen derartiger „Supertanker“ dann sichtbar. Kurskorrekturen, Richtungsänderungen sowie Bremsmanöver werden erst mit erheblichen Verzögerungen in die Wege geleitet und greifen noch viel später. Aus Schrecksekunden werden kleine Ewigkeiten, die die Redewendung „Big is beautiful“ ad absurdum führen.

Um wie viel erquicklicher und für alle Beteiligten zufriedenstellender läuft im Vergleich dazu die Entscheidungsfindung in überschaubareren Unternehmen ab! Dank der flachen Hierarchien werden die Entschlüsse in weiterer Folge unverfälschter an die Mitarbeiter kommuniziert, von diesen eher „gelebt“ und rascher in die Tat umgesetzt. Gerade im schnelllebigen Handel mit seiner immer kurzentschlossenen Klientel ist diese Tatsache Goldes wert. Große Retailer, die wegen ihrer immensen Manövrierfläche eine Kurve nicht kratzen können, kennt man zur Genüge. Negativbeispiel ist der deutsche Elektro-Riese Media Markt, der den Einstieg in den Online-Handel seelenruhig verschlief.

Ein Szenario, das wir möglicherweise gerade auch in der Shopping-Center-Landschaft beobachten können: Nach der – ersten – Wirtschaftskrise versuchen etliche große Entwickler, im Shopping-Center-Management Fuß zu fassen. Den steinigen Entscheidungsweg, der in den properen Vorstandsetagen für diese Strategieänderung beschritten wurde, möchte man sich gar nicht vorstellen. Doch es ist zu spät. Der Zug ist abgefahren. Der Markt für Shopping-Center-Management ist bereits breit besetzt. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

02/2012

On the lookout for award-worthy projects

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So wie den Mutigen sprichwörtlich die Welt gehört, winken innovativen Unternehmen geschäftliche Erfolge und wirtschaftliche Höhenflüge. Dabei handelt es sich um keine flapsige Redewendung, sondern um ein ökonomisches Faktum. Und gerade in der Shoppingcenter-Industrie bilden neue Ideen, Zugänge und Lösungen wesentliche Assets, ohne die schon längst nichts mehr läuft. Schließlich muss den Bedürfnissen des Einzelhandels, der durch Wandelbarkeit und Anpassungsfähigkeit besticht, Rechnung getragen werden.

Wie man es also auch dreht und wendet – Innovation bekommt in der Branche einen immer größeren Stellenwert. Kein Wunder, dass der Begriff vor allem bei der Projektentwicklung ganz oben auf der Anforderungsliste steht. Denn innovative Einkaufs- und Fachmarktzentren heben sich klar von der Masse ab. Sie verbuchen dank dieser Unique Selling Proposition einen uneinholbaren Wettbewerbsvorteil.

Vor diesem Hintergrund riefen wir den ACROSS Award 2012 ins Leben und fragten Ende letzten Jahres: Does your shopping center deserve an award? You have one with a roof that automatically opens or closes denpending on the weather? Your power center is supplied with 100 percent renewable energy? You created a new quarter of the city while planning your project? Your shopping center launched an exceptional digital campaign? Selbst auf die Einreichungen gespannt, starteten wir so die Suche nach den innovativsten Projekten in Europa; in drei nach der Größe der vermietbaren Fläche gestaffelten Kategorien. Die einzige Vorgabe war, dass das Einkaufs- bzw. Fachmarktzentrum 2011 seine Pforten geöffnet hatte.

Das vielfältige Feedback – für das ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken möchte – bestätigte uns in unseren Plänen, den ACROSS Award in Zukunft regelmäßig zu vergeben. Wir wollen diese Auszeichnung als jährlichen Fixpunkt in der europäischen Shoppingcenter-Landschaft etablieren. 

Beim ACROSS Award 2012 schafften es 17 anspruchsvolle Projekte aus Portugal, Deutschland, Österreich, Ungarn, Kroatien, Rumänien, Griechenland, der Türkei, Polen und Finnland auf die Shortlist. Auf den Seiten 36 bis 45 können Sie sich selbst einen Überblick verschaffen. Eine hochkarätig besetzte Jury nahm die Bewertung vor. Und wer gewinnt eine der drei Trophäen? Die Antwort darauf liefert die Preisverleihung, die am 26. April um 17 Uhr im feierlichen Rahmen des 14. Shopping Center Symposiums in Wien über die Bühne geht. Sie sind herzlich dazu eingeladen!

01/2012

Markitecture. Vom Inhalt zur Form. Vom Punkt zur Fläche.

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Die europäische Shopping-Center-Industrie ist in einen veritablen Übergangsprozess eingetreten. Dabei sind die sich abzeichnenden Veränderungen an allen Punkten der Branche und an sämtlichen Gliedern der Wertschöpfungskette klar ersichtlich. Der Konsument des 21. Jahrhunderts ist mündig. Er ist nicht mehr Teil einer homogenen Gruppe. Er bedient, verweigert, konsumiert und kommuniziert über die unterschiedlichsten Kanäle. Er ist Teil mehrerer Mehrheiten, Teil vieler Minderheiten. Er ist mainstream, alternativ, innovativ, konservativ, modern, jung und alt.  Der Konsument erstrahlt im Licht eines zeitgemäßen „anything goes“. Damit können wir das starre Zielgruppendenken der vergangenen Jahre getrost ad acta legen.

Im selben thematischen Widerschein verändert sich der vielzitierte Point of Sale. Er ist zentral, dezentral, real, virtuell, urban, rural. Er ist schlicht, inszeniert, opulent, funktional, stationär, dauerhaft und flüchtig. Klingt verwirrend, ist es aber nicht unbedingt. Denn der Rettungsanker, das Gemeinsame des Verschiedenen, ist in diesem Fall die konnotative Besetzung der Verkaufsflächen. Die Füllung der Form mit Inhalt.

Leider hat die Shopping-Center-Industrie meines Erachtens bislang unzureichend auf diese Herausforderung reagiert. Nur in den seltensten Fällen steht der marketingtechnische Ansatz bei neuen Projetentwicklungen, Centererweiterungen oder Refurbishments im Mittelpunkt des Denkprozesses. Viel zu selten sind Marketing- und Markenstrategen in die Frühphasen derartiger Prozesse mit eingebunden. Dabei – und in diesem Fall wiederhole ich gerne und gebetsmühlenartig – ist Markitecture, das Zusammenwirken von Marketing,  Architektur und modernen Kommunikationsformen, für Shopping Center unerlässlich. Der Konsument reagiert kaum noch auf plumpe Verführungen wie Zeitungsannoncen, Verkaufsfolder und inszenierte  immer gleiche Centerevents. Die Botschaft und nicht das Kommunikationsmittel ist das entscheidende Vehikel.

Shoppingcenter und Verkaufsflächen müssen zu emotional aufgeladenen Räumen werden. Marken bilden, die Orientierung und Sicherheit schaffen. Marken rechtfertigen die Kaufentscheidung. Sie binden und unterstützen, unterstreichen den Lebensstil. Dieser Weg wird sich, davon bin ich zutiefst überzeugt, in den nächsten Jahren noch gehörig verstärken – ja verstärken müssen. Die großen Center, sei es in den Metropolen oder auf der grünen Wiese, sind gebaut. Nun rücken die Mittel- und Kleinstädte in den Fokus des Interesses. Gewiss, auch hier bespielen Facts wie Mietermix, Erreichbarkeit und Parkmöglichkeiten das Center. Identifikation wird aber letztendlich durch andere Faktoren geschaffen.